Non-Surgicals sind Eingriffe, die ohne Skalpell funktionieren sollen
Kurze Frage: Wie oft haben Sie heute schon in den Spiegel geschaut? Keine Sorge, es gibt hierauf keine richtige oder falsche Antwort. Fakt ist nur, dass wir noch nie so viel Gelegenheit hatten, uns selbst zu betrachten – und damit leider auch uns zu bewerten –, wie in Zeiten von Homeoffice, Instagram und TikTok. Daraus scheint der gesteigerte Wunsch nach Veränderung zu resultieren, wie der Jahresbericht der DGÄPC, der Deutschen Gesellschaft für Ästhetisch-Plastische Chirurgie, nahelegt: Rund 45 Prozent sind mit ihrem Spiegelbild nicht zufrieden, etwa 20 Prozent gefällt ihre Erscheinung auf Fotos und Videos nicht. Die Nachfrage an Beauty- Behandlungen boomt dementsprechend. Besonders beliebt: sogenannte sanfte Eingriffe, non-invasiv oder minimalinvasiv. Sie haben im Vergleich zu Vorjahren deutlich zugelegt: 2019 waren es noch 41,5 Prozent, im Jahr 2021 schon 73,5 Prozent.
Wie funktionieren Non-Surgicals?
Speziell Non-Surgicals, Eingriffe, die sonst per Operation gemacht werden, aber jetzt ohne Schnitt funktionieren, klingen verlockend. Wer will schon eine OP, wenn man das Gleiche auch ohne Messer haben kann? Doch coole Begriffe wie "Liquid Lifting" oder "Liquid Nose Job" schüren zu hohe Erwartungen, warnt Dr. Maja Henke, Fachärztin für Chirurgie und Expertin im Bereich der
minimalinvasiven, ästhetischen Medizin in München. Denn: Ein operatives Facelift, bei
dem überschüssige Haut entfernt wird, ist nicht mit einem "LiquidLifting", das Volumenverlust
und Erschlaffung mit Filler und Co. entgegenwirkt, zu vergleichen. Hinzu kommt: Auch
wenn diese Methoden stylish und harmlos klingen, dürfen sie nicht unterschätzt werden.
Was ist ein "Liquid Nose Job"?
Deshalb sollte man nicht nur beim Spiegelbild, sondern auch bei der Optimierung dessen etwas genauer hingucken. Bleiben wir gleich beim "Liquid Nose Job", der auf Instagram und TikTok gefeiert wird. Es ist die unblutige Alternative, Nasenhöcker oder andere Asymmetrien schnell auszugleichen. "Dazu wird vor und nach dem Nasenhöcker etwas Hyaluronsäure eingebracht, wodurch es zu einer Begradigung kommt", erklärt Dr. Henke. "Dafür verwendet man eine dickere Hyaluronsäure, die modulierbarer ist." Auch eine leichte Anhebung der Nasenspitze ist durch eine Unterspritzung an Nasenwurzel und -spitze möglich. Was viele aber nicht bedenken: "Die Nase wird so zwar ebenmäßiger, wirkt durch den Filler aber auch größer", erklärt die Expertin. Auch medizinisch gesehen ist der "Liquid Nose Job" nicht ohne: "Die Gefäßsituation im Nasenbereich ist heikel, da hier viele kleine und feine Gefäße verlaufen, die den Sehnerv versorgen. Trifft man ein solches Gefäß, kann es zu einem Verschluss kommen, und der Sehnerv wird nicht mehr ausreichend versorgt. In der Folge kann dies zu Sehstörungen oder gar einer Erblindung führen, die nicht reversibel ist." Da sich Hyaluron auch wieder abbaut, muss der Eingriff immer wieder durch- geführt werden – und damit geht man auch das Risiko immer wieder ein. Deshalb rät die Spezialistin in diesem Fall eher zur klassischen Operation.
Ein Liquid Lifting ist ein Non-Surgical für das gesamte Gesicht
Fürs Gesicht gibt es einige Maßnahmen, die zwar mit einem chirurgischen Facelift nicht vergleichbar sind, von einer:m erfahrenen Facharzt:in ausgeführt aber durchaus gute Ergebnisse liefern. Das sogenannte Liquid Lifting besteht aus unterschiedlichen Behandlungsschritten. Maja Henke kombiniert, je nach Alter und Hautbeschaffenheit, Hyaluronsäure oder Polymilchsäure. Erstere polstert auf und durchfeuchtet, Letztere regt gezielt die Kollagensynthese an und festigt die Hautstruktur. An Stellen wie Schläfen, Haaransatz, Jochbein, Kieferlinie oder Kinn eingebracht, erzeugt das einen optischen Streckungseffekt. Zusätzlich kommt die "Fett- weg-Spritze" zum Einsatz, die unerwünschte Fettpolster an Hängebäckchen und Doppelkinn verschwinden lässt.
So kann man der Schwerkraft ohne Skalpell trotzen – allerdings erfordert das Ganze auch Maintenance: Damit es lange hält, muss in Abständen wieder aufgefrischt werden. Um das Behandlungsrisiko gering zu halten, arbeitet die Ärztin in riskanten Arealen mit stumpfen Kanülen, die sich durchs Gewebe schieben, ohne Gefäße dabei zu verletzen. Spitze Nadeln werden nur auf dem Knochen oder in sicheren Bereichen ganz oberflächlich verwendet. Vor allem aber setzt die Expertin gern auf Pre-Aging mit Methoden wie der Mesotherapie oder dem Einbringen von Skinboostern in die Haut, die sie durchfeuchten sowie mit Antioxidantien und Vitaminen versorgen und damit Defiziten vorbeugen. Idealerweise schon ab 30 Jahren, damit könne man weitere Maßnahmen lange hinauszögern.
Für Hals, Kinn, Jawline oder Arme eignet sich ein Endolift
Andere Methoden der Hautstraffung ohne Messer und ohne Filler sind die Ultraschalltherapie und das minimalinvasive Laserverfahren "Endolift". Hier werden spezielle optische Einwegfasern, fein wie ein Haar, dicht unter die Haut, in die oberflächliche Unterhaut, geführt. "Dieser präzise Laser verursacht Mikroverletzungen und in der Folge eine langsame, stetige Kollagensynthese", so die Chirurgin. Die Haut strafft sich und wird fester, auch kleine Fettansammlungen können damit weggeschmolzen werden. Einsatzgebiete sind Hals, Kinn, Jawline oder Arme.
Beim Ultraschall-Lifting lässt sich die Haut an Gesicht, Hals und Dekolleté straffen. Es handelt sich bei der Ultherapy um ein Gerät, bei dem mikrofokussierte Ultraschallwellen schadlos das Hautgewebe passieren und bis zu 4,5 Millimeter tief in die unteren Hautschichten eindringen, also genau in die Gewebeschichten, die sonst nur durch ein Skalpell erreicht werden können. Auf die dadurch entstehende Wärme und Stimulation reagiert die Haut mit Neubildung von frischem Kollagen und Elastin. Der Effekt wird über einen Zeitraum von mehreren Monaten sichtbar, die Behandlung ist nur einmal notwendig und hält dann bis zu zwei Jahre.
Dieser Eingriff ist ein Zwischenschritt aus minimalivasiv und invasiv
Ein Zwischenschritt für alle, denen minimalinvasiv zu wenig und invasiv zu viel ist, könnte eine ganz neue "No Knife Facelift"- Methode sein, bei der mit speziellen hohlen Nadeln mikrokleine Gewebeteile ausgestanzt werden. "Durch diese kleinen, nicht wirklich invasiven Biopsien kann bis zu acht Prozent überschüssige Haut entfernt werden, wodurch die Haut sich strafft", sagt Maja Henke. Auch hier liegt das Prinzip der klassischen Wundheilung zugrunde, dass Verletzung die Kollagenbildung anregt, ähnlich wie beim Microneedling, nur effektiver. Als besonders positiv bewertet sie, dass hier weder Hitze noch Laser zum Einsatz kommen und das Verfahren dadurch weniger aggressiv ist. "Ich halte das für gesundheitlich unbedenklich – und so gesehen könnte es sogar ein neuer Durchbruch in der ästhetischen Medizin sein, vor allem für 40- bis 60-Jährige, insbesondere im Bereich des Halses, der immer noch eine Herausforderung darstellt", so die Chirurgin. Allerdings warnt sie auch hier vor zu hohen Erwartungen: "Die Hautkanälchen betreffen mit einer Eindringtiefe von drei Millimetern nur die oberflächliche Haut und nicht das darunter liegende Subkutan-Gewebe. Es kann also nur eine Hautstraffung und Verbesserung der Hautqualität erreicht werden." Vorsicht gilt bei dunklen Hauttypen: Es könnten Pigmentstörungen entstehen. Das Verfahren wurde gerade erst von der FDA zugelassen. Es ist nur eine Frage der Zeit also, bis es bei uns angeboten wird.
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